Neuer Verein "Aus eigener Kraft" hilft Menschen auf dem Balkan
Informationsveranstaltung zum Kindergarten in
Vukanovici mit Major Udo Nagels fand große Resonanz
Böhmfeld, 15.11.02 (sdr) "Soldaten können
nicht nur Uniformen tragen und mit Waffen umgehen, sie können auch was
ganz anderes, und das ist eine wichtige Botschaft", sagte Major Udo
Nagels, ehemaliger Chef der Spezialpionierkompanie 600 Ingolstadt, vor
großem Publikum beim Informationsabend über den neu gegründeten Verein
"Aus eigener Kraft - Hilfe für Bosnien und Herzegowina e. V." Erster
Vorsitzender ist Udo Nagels, sein Stellvertreter Bürgermeister Alfred
Ostermeier, und Werner Bäuerlein, Vorsitzender der Böhmfelder
Reservistenkameradschaft, fungiert als Schriftführer. Das Thema seines
Referates "Entstehung und aktuelle Situation unserer Hilfe in Bosnien
und Herzegowina" machte Nagels mit eindrucksvollen Lichtbildern
anschaulich.
"Bosnien-Herzegowina,
von uns weniger weit entfernt als Berlin, ist zwei Drittel so groß wie
Bayern, bewohnt von muslimischen Bosniaken und orthodoxen Serben sowie
katholischen Kroaten; es ist sehr strukturschwach mit einer
Arbeitslosenquote von 60 Prozent", berichtete Major Nagels. Zerstörte
Gebäude, zerschossene Straßenschilder, "Autobahnen", die bei uns
Feldwege sind, und Menschen, die zwischen Müllhalden lebten, seien beim
Eintreffen der Spezialpioniere im vom Bürgerkrieg gezeichneten Land vor
dreieinhalb Jahren Eindrücke gewesen, die erst verarbeitet werden
mussten. "Einfach mal raus ins landschaftlich schöne Bergland und was
anderes sehen" wollten die Ingolstädter Soldaten nach ihrem aufreibenden
Dienst in der Feldlagerbetriebskompanie unweit von Sarajevo, der sie
fast rund um die Uhr in Beschlag nahm für die Herstellung von Wasser-
und Stromversorgung, beim Bau von Unterkünften und bei den umfänglichen
Tätigkeiten für die zahlreichen SFOR-Kräfte. Fast zufällig stieß man
dabei auf das Bergdorf Vukanovici, das zwar vom Krieg verschont
geblieben, dessen Bevölkerung jedoch weitestgehend verarmt war und
dessen multiethnischer Kindergarten kurz vor dem Ende stand, da sich
eine zuvor dort tätige italienische Hilfsorganisation zurückgezogen
hatte, das Geld fehlte für die Entlohnung der Erzieherin und den
Behörden die ethnische Vielfalt ein Dorn im Auge war.
"Das ist ein Musterkindergarten für
Bosnien-Herzegowina, weil hier katholische und muslimische Kinder
bosniakischer und kroatischer Herkunft mit ihrer serbischen
Kindergärtnerin lernen, dass es miteinander am besten geht", erkannten
die SFOR-Soldaten der Spezialpionierkompanie 600 aus Ingolstadt und
beschlossen, mit ihren Spenden zu helfen. 1999 besiegelten die Gemeinde
Böhmfeld und die Spezialpionierkompanie 600 Ingolstadt ihre seit Jahren
bestehende Verbundenheit mit einer Patenschaft. Fortan war und ist
"Hilfe für Vukanovici" mit Organisator Udo Nagels an der Spitze das
Anliegen beider Partner mit Geld- und Sachspenden aus der Böhmfelder
Bevölkerung und mit Besuchen in den Dörfern Vukanovici und Zlokuce,
deren Kinder in der Kindertagesstätte untergebracht sind. Besonders
engagieren sich dabei Christine und Werner Bäuerlein, deren Garage auch
Sammelstation ist für Sachspenden für die Kriegskindernothilfe. Als "Don
Camillo von Vukanovici" wirkte bis vor kurzem vor Ort der katholische
Pfarrer Branko Karlic, der die richtige Verwendung des Geldes und die
Verteilung der Sachspenden sorgfältig und zuverlässig überwachte.
Umgerechnet 250 Euro verdient die serbische
Kindergärtnerin Dana im Monat. Das Geld hierfür kommt seit drei Jahren
aus Böhmfeld und Ingolstadt. Zusätzlich werden die 24
Kindergartenkinder, je 12 sind muslimischen bzw. katholischen Glaubens,
mit Spielzeug, Kleidung und haltbarer Milch sowie die übrige
Dorfbevölkerung ebenfalls mit Kleidung, Gebrauchsgegenständen und
dauerhaften Lebensmitteln aus dem Sachspendenlager von Christine und
Werner Bäuerlein sowie aus Einkäufen mit Spendengeldern versorgt. "Bis
sich der Kindergarten ohne fremde Hilfe selbst finanzieren kann, werden
noch einige Jahre ins Land gehen", wagte Major Nagels eine vorsichtige
Prognose.
Der
Not und des Unglücks nicht genug, kam es 2001 zu einem verheerenden
Bergrutsch, der Vukanovici akut bedrohte und in Zlokuce die komplette
Evakuierung nötig machte. "Wir müssen den Berg stabilisieren, sonst
werden auch noch die 270 Einwohner Vukanovicis zu Binnenflüchtlingen",
überlegten die Spezialpioniere nicht lange, holten geologische Gutachten
ein und bauten mit Hilfe des deutschen SFOR-Kontingentes und der CIMIC (Civil-Military-Cooperation)
für 18.000 Euro spezielle Dränagen. Beeindruckt von der
Einsatzbereitschaft der Deutschen, habe sogar der bosnische
Verteidigungsminister persönlich die Unterstützung durch seine Soldaten
zugesagt, ließ Major Nagels mit Stolz durchblicken. Doch die
Baumaßnahmen sind noch nicht abgeschlossen und brauchen weiterhin
finanzielle Hilfe.
Geld- und Sachspenden werden auch benötigt für Pfarrer Karlic, der ab
September 2002 im 100 Kilometer von Vukanovici entfernten Ort Rostovo
eine neue Wirkungsstätte zugewiesen bekam. Das dortige "Pfarrhaus"
befindet sich seit Jahren im Rohbau ohne feste Treppe, Wasser- und
Stromanschluss, ohne Heizung und Ausstattung.
"Ein kurzes Abenteuer hilft den Menschen
nicht", betonte Major Udo Nagels. Deshalb habe man sich zur Gründung des
gemeinnützigen Vereins "Aus eigener Kraft - Zukunft für Bosnien und
Herzegowina e. V.", der zurzeit 22 Mitglieder zähle und auf weitere
Mitstreiter warte, entschlossen. Jeder könne sein Scherflein beitragen
zum derzeitigen Projekt "Kindergarten Vukanovici", das auch die
Maßnahmen gegen den Bergrutsch und für Pfarrer Karlic einschließt. Bei
finanziellen Spielräumen könnten weitere Hilfsprojekte angepackt werden,
stellte Vereinsvorsitzender Nagels in Aussicht.
Jugendliche Mitglieder zahlen pro Jahr
sechs, Erwachsene 24, Familien 48 und juristische Personen 100 Euro. Die
Mitgliedsbeiträge sind steuerlich absetzbar. Die Vereinsadresse lautet:
Aus eigener Kraft, Zukunft für Bosnien und Herzegowina e. V., 85053
Ingolstadt, Pionierkaserne auf der Schanz, Manchinger Straße 1/74 - TSG.
Erreichbarkeit: 1. Vorsitzender, Udo Nagels, Tel. 0841/73973, vukanovici@aol.com
Spenden und Mitgliedsbeiträge können eingezahlt werden bei der Postbank
Hannover, BLZ 250 100 30, Konto 58 58 58 - 301.
209 Euro spendeten die Besucher des
Informationsabends für Baumaterial für das Pfarrhaus von Pfarrer Branko
Karlic in Rostovo. Der Vorsitzende der Böhmfelder
Reservistenkameradschaft, Werner Bäuerlein, legte 250 Euro, gesammelt
von der Reservistenbezirksgruppe München, hinzu.
Da die Hilfsgüter von ehrenamtlichen Helfern
vornehmlich an Wochenenden nach Bosnien-Herzegowina gebracht werden,
können die Transporte nicht mit großen LKWs bewerkstelligt werden.
Deshalb bittet Major Nagels Privat- und Geschäftsleute um Bereitstellung
von Fahrzeugen mit viel Stauraum, beispielsweise VW-Busse oder
Mercedes-Sprinter.
Christine und Werner Bäuerlein werden vom 26. bis 29. November 2002
wieder mit einem Hilfsgütertransport in Kroatien sein und dort einen
Kindergarten, eine Schule und ein Krankenhaus besuchen. Sie sammeln
dafür in ihrer Garage am Stammhamer Weg 37 in Böhmfeld Spielsachen,
Gebrauchsgegenstände und Kleidung für Erwachsene und Kinder.
"Von
Reservisten aller Dienstgrade, Berufe und Herkünfte beim
Wettkampftreffen in Beilngries zusammengelegt": Oberstleutnant Helmut
Arnold (re.), stellvertretender Vorsitzender der Bezirksgruppe
Oberbayern Nord im V.d.R.Bw. oder "Reservistenkameradschaften", überreichte dem sichtlich
hocherfreuten Vorsitzenden des Vereins "Aus eigener Kraft - Hilfe für
Bosnien und Herzegowina e. V.", Major Udo Nagels, einen Scheck über 400
Euro für das Projekt "Kindergarten Vukanovici".
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