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Staunen gab’s beim
Kotterhof und viel Engagement beim "Entschleunigen"
Böhmfelder Bürgerversammlung im
großen Saal des "Böhmfelder Hofes" fand außerordentlich
gute Resonanz
DK, 05.12.00 (sdr)
Knappe drei Stunden lang
Informationen en masse, viele von Webmaster Helmut O. Adam erstellte
Statistiken, ein voller Saal mit 110 Besuchern im Alter zwischen 18 und
87 Jahren und zahlreiche Wortmeldungen - das war jüngst die
Bürgerversammlung in Böhmfeld, die diesmal im Gasthaus
"Böhmfelder Hof" stattfand.
Zunächst trug
Bürgermeister Alfred Ostermeier einen ausführlichen
Rechenschaftsbericht vor: Nach 88 Zuzügen, 58 Wegzügen, 15 Geburten
und 5 Sterbefällen, also einem Gesamtzuwachs von 40 Personen, hat
Böhmfeld momentan 1667 Einwohner. 79 Prozent der Bürgerschaft sind
röm.-kath., 12, 4 Prozent evang.-luth. und 8,7 Prozent gehören einer
anderen oder keiner Glaubensrichtung an. Ältester Einwohner ist mit 92
Jahren der Ehrenbürger und frühere Ortsgeistliche Franz Federl,
älteste Bürgerin ist die 95-jährige Anna Maschka. In diesem Jahr traf
sich das Gemeindegremium zu 15 Sitzungen. Von den 139
Gemeinderatsbeschlüssen waren 131 einstimmig. CSU-Gemeinderat Klaus
Koller schied aus dem Gemeinderat aus, Andrea Ponschab rückte nach. Die
Bürgervertreter entschieden über 18 Bauanträge, und die
Verwaltungsgemeinschaft Eitensheim stellte für Böhmfeld 107
Reisepässe, 180 Personal- und 27 Kinderausweise aus. 26 Geburts- und
Hochzeitsbäume wurden verschenkt; seit Einführung dieses von
Bürgermeister Ostermeier ins Leben gerufenen Brauches wurden 239
einheimische Bäume in Böhmfelder Privatgärten gepflanzt.
Denkwürdige
Veranstaltungen waren die erste Gelöbnisfeier mit der
Spezialpionierkompanie 600 Ingolstadt, die Marienwallfahrt des
Kreiskriegerverbandes Eichstätt, die 30- bzw. 90-Jahrfeier der
örtlichen Rotkreuzbereitschaft bzw. des Schützenvereins und der 50.
Geburtstag des Wasserzweckverbandes Böhmfelder Gruppe.
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Im Juli 2001
steht die 125-Jahrfeier der Freiwilligen Ortsfeuerwehr ins Haus. Auf 15
bereits benannte Bürgerinnen und Bürger wartet die gemeindliche Ehrung
und Verleihung der Bürgermedaille. Festlicher Höhepunkt aber wird im
Sommer 2001 die feierliche Einweihung des Dorfzentrums sein.
"Die Böhmfelder
Bürger verbrauchen immer weniger Trinkwasser, 38 Kubikmeter pro
Einwohner im Jahr", lobte der Bürgermeister. Diese erfreuliche
Entwicklung sei auch auf die 41 im Dorf vorhandenen Regenwasserzisternen
zurückzuführen, die die Gemeinde mit 500 Mark pro Anlage fördere,
meinte er. Leider steige der Nitratgehalt des Böhmfelder Wassers trotz
der ergriffenen Schutzmaßnahmen wieder an, monierte Ostermeier als
Vorsitzender des Wasserzweckverbandes: "Wir streben eine
freiwillige Kooperation mit den Landwirten an." Ins Auge gefasst
sei eine erneute Überprüfung des Wassereinzugsgebietes und eine
finanzielle Belohnung der Landwirte, die sich grundwasserschonend
verhalten. Angesichts der aktuellen Erkenntnisse hält der
Zweckverbandschef ohnehin ein generelles Umdenken in der Landwirtschaft
für dringend angebracht. "Schärfere Kontrolle auch bei der
Spritzmittelanwendung" forderten zusätzlich Diskussionsteilnehmer.
Das zuletzt ausgewiesene
Baugebiet "Lehenäcker" sei nunmehr fast vollständig bebaut,
teilte Ostermeier mit. Nachdem Böhmfeld von 1987 bis 1999 mit einer
Bevölkerungszunahme von 44 Prozent den höchsten Einwohnerzuwachs im
Landkreis Eichstätt zu verzeichnen hatte, strebe man künftig einen
harmonischen, gebremsten Bevölkerungsanstieg an, so dass - gemäß dem
Leitbild "Böhmfeld 2020" - mit rund 2.000 Einwohnern in 20
Jahren die dörfliche Struktur noch gewährleistet sei.
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Aufgrund der örtlichen
Altersstatistik sei, so Bürgermeister Ostermeier, mittelfristig mit
einem Rückgang der Geburten und mit einer größeren Anzahl von über
60-Jährigen zu rechnen, was sich auch auf die Gemeindepolitik auswirke:
"Wir wollen unseren Senioren Angebote machen für ihre körperliche
und geistige Fitness, vermehrt auf ihren reichen Erfahrungsschatz
zurückgreifen und sie voll ins Dorfleben einbinden."
Die Gemeinde Böhmfeld
stehe finanziell gut da und habe zur Zeit so gut wie keine Schulden,
erklärte der Gemeindechef, trotzdem sei sie keine reiche Kommune. Umso
erfreulicher sei es, dass, obwohl die Steuerkraft der Gemeinde mit 693
Mark pro Kopf im Landesdurchschnitt vergleichbarer Gemeinden liege, sich
die Pro-Kopf-Verschuldung von derzeit 75 Mark weit unter dem
Landesdurchschnitt von 1.341 Mark bewege. "Dank überlegter
Baulandpolitik, rechtzeitiger Ausschöpfung staatlicher
Fördermaßnahmen, zügiger Gebühren- und Beitragserhebung und
konsequenter Sparsamkeit über lange Jahre haben wir Dorferneuerung,
Schulturnhallenneubau und Grundschulgeneralsanierung ohne langfristige
Kreditaufnahmen bewerkstelligen können. Alle Erträge der letzten 12
Jahre aus den neuen Baugebieten wurden in die Infrastruktur des Dorfes
reinvestiert", resümierte Ostermeier zufrieden. So stehe jetzt die
Bezuschussung des Umbaus und der Erweiterung des Sportheimes, der
Räumlichkeiten für die dritte Kindergartengruppe des katholischen
Kindergartens Sankt Marien und des Umbaus des Pfarrsaales und der
kirchlichen Jugendräume an.
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Anerkennung zollte er
Michael Hackner, dem Betreuer des Gemeindewaldes, der seit 1995 daraus
insgesamt 152.000 Mark Gewinn erwirtschaftet habe.
"Vernunft und
Sparsamkeit" bescheinigte der Bürgermeister den Ortsvereinen,
Gruppen und der Ortskirche. Besonders freute sich der Bürgermeister
über die zehn Jungfeuerwehrler, die unlängst ihren ersten
Leistungstest bestanden haben. Im kommenden Jahr ist für den
Gartenbauverein ein Zuschuss für eine Obstpresse samt Abfüll- und
Erhitzungsanlage vorgesehen.
Rüstige Rentner
bewerkstelligten seit Januar 2000 die Eigenleistungen am Kotterhof,
renovierten das Leichenhaus, das Dach der Schulgarage und schufen einen
Bühnendurchbruch im Wertstoffhof, so dass dieser auch als Festhalle
nutzbar ist. Sechs Böhmfelder Familien bildeten eine
Schäfergemeinschaft, bauten den gemeindlichen Schafstall und pflegen
nun mit ihren Tieren ökologisch wertvolle und sonstige gemeindlichen
Grünflächen. Die Umsetzung des Landschaftsplans geht weiter.
"Helfer, die selbstverständlich entlohnt werden, sind herzlich
willkommen", ermunterte Ostermeier. Das Schambacher Kreuz an der
Schambacher Straße wurde zur Restaurierung abgebaut.
Zur Zeit ordnet eine
ABM-Fachkraft Aktenberge aus den früheren Jahrzehnten für das
künftige Gemeindearchiv, das im Dachgeschoß des Kotterhofes
untergebracht werden soll.
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Für die Sanierung und
den Umbau des Kotterhofes habe die Regierung von Oberbayern einen
Zuschuss von 958.000 Mark zugesagt, das seien fast 50 Prozent der
Gesamtkosten, berichtete der Bürgermeister, zeigte Lichtbilder aus
allen Perspektiven des Kottergehöftes und seiner Außenanlagen,
erläuterte den bisherigen Werdegang und hatte auch schon viele Ideen
für die kreative Nutzung gesammelt. Sparen müsse man weiterhin eisern,
zumal die Finanzquelle aus der Baulandbereitstellung nicht mehr zur
Verfügung stehe, mahnte er, schließlich seien heuer an die
Schulverbände 100.000 Mark, an den Landkreis 600.000 Mark, für
Personalkosten einschließlich Landschaftsplanumsetzung, Schafstallbau
und Eigenleistungen für den Kotterhof 350.000 Mark sowie für das
Kindergartenpersonal 136.000 Mark zu entrichten. Außerdem habe die
evangelische Kirchengemeinde Gaimersheim für die neue Orgel in der
Friedenskirche 5.000 Mark erhalten.
"Kreative Köpfe
für den Kotterhof" heißt das Thema des Tagesseminars am Samstag,
9. 12., im Kloster Plankstetten, an dem 20 Bürgerinnen und Bürger
teilnehmen und wo Ideen für die Nutzung des künftigen Dorfzentrums
zusammengetragen werden.
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Zwei Neubürgerinnen, die nach 1990 zugezogen
sind, können noch dazustoßen und sich dafür beim Bürgermeister
anmelden.
Nach Abschluss der
Sanierung des Kotterhofes im Sommer 2001 wolle man mit der
Grundsicherung der Alten Schule beginnen, denn "das
geschichtsträchtige, markante Gebäude soll", klopfte der
Bürgermeister leise an, "für kirchliche Zwecke wie
Pfarrbücherei, Kantorei, Kirchengremien, kirchliche Gruppen etc.
saniert und an die katholische Kirchenstiftung vermietet werden."
Eine andere sinnvolle Nutzung sehe er derzeit nicht.
Nach dem Umzug der
Gemeindeverwaltung und des Archivs in das Dorfzentrum beginnen die
Arbeiten für den offenen Jugendtreff im circa 80 Quadratmeter großen
Dachboden der Gemeindekanzlei. Die Hausordnung solle so gestaltet
werden, dass auch die Nachbarn gut damit leben können, ist Ostermeier
zuversichtlich. Er wolle selbst gut aufpassen, dass keine
Unannehmlichkeiten entstehen, sagte er zu.
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Beim Lichtbild "128
km/h auf einer Böhmfelder Innerortsstraße", regte sich
Entrüstung in der Zuhörerschar, und der Tagesordnungspunkt
"Stoppt die Raser im Dorf" war im Nu Höhepunkt der
Versammlung. "Deutlich mehr Todesopfer auf Bayerns Straßen"
zitierte der Bürgermeister einen Zeitungsartikel und berichtete, dass
in den ersten zehn Monaten auf bayerischen Straßen 1.203 Menschen
gestorben sind. Hintergrund dazu bildeten die im Oktober erfolgten
Geschwindigkeitsmessungen an zwei Ortseineingängen und in zwei 30
km/h-Zonen im Dorf, die jeweils 24 bzw. 72 Stunden in Betrieb waren.
Heraus kam damals, dass von 5.146 passierenden Fahrzeugen 70 Prozent die
zulässige Geschwindigkeit deutlich bis krass überschritten. Die
ärgsten Temposünder durchrasten 30 km/h-Zonen mit mehr als doppelter
Geschwindigkeit und schossen mit bis zu 130 km/h in die Ortseinfahrten.
"Was können wir zur Entschleunigung tun?" war des
Bürgermeisters Frage. Die vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich zu
Wort meldeten, stimmten überein, dass jeder auf sich selber aufpasse
müsse und Radarkontrollen unbedingt notwendig seien. Einige dachten an
straßenbauliche Maßnahmen wie Fahrbahnverengungen und Asphaltwellen.
Andere wollten Vernunft und Vorbildverhalten der Verkehrteilnehmer
wecken mit Vorträgen und einer Wiederholung der Messungen. "Warum
müssen immer größere und schnellere Autos gebaut und angepriesen
werden?" warf einer der Autoindustrie vor. |
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Rotkreuzersthelfer Frank
Wild kündigte einen Diavortrag an, "damit die Leute schockiert
sind, wenn sie sehen, wie schlimm Menschen und Fahrzeuge aussehen, die
in Temposünder-Unfälle verwickelt waren."
Abhilfe schaffen könne
"kein Entweder-oder, sondern ein Maßnahmenmix", bestehend
auch aus Radarkontrollen, ist sich Ostermeier sicher. Dafür bekam er
spontanen Beifall. Vorhanden seien bereits Schulweghelfer an der
Hauptstraße und Transparente zum Schulbeginn. Außerdem sollte nach
Möglichkeit der Bus benützt und im Dorf Rad gefahren oder zu Fuß
gelaufen werden. Zusätzliche straßenbauliche Maßnahmen kämen, so der
Bürgermeister, eventuell in den östlichen Wohnstraßen bei deren
Erneuerung in ein paar Jahren in Betracht. Dazu müssten sich allerdings
die Anwohner Gedanken machen bzw. dann auch dafür in den Geldbeutel
greifen. Info-Veranstaltungen zu Drogen und Alkohol am Steuer seinen
eingeplant. A und O für künftige motorisierte Verkehrsteilnehmer sei
aber das gute Vorbild der Eltern.
Mit Dankesworten und dem
chinesischen Sprichwort "Es ist besser, ein Licht anzuzünden, als
die Dunkelheit zu verfluchen" geleitete der Bürgerchef die
Bürgerschaft hinüber in das neue Jahrtausend, beginnend mit dem 1.
Januar 2001.
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