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Böhmfeld (sdr) "Uii san de schee! Uii san de groß!" Staunen
und leuchtende Augen allenthalten im Ausstellungs- und Gewölberaum sowie im
Stadel des Kotterhofes in Böhmfeld bei der Eröffnung der
Gemeinschaftsausstellung des Böhmfelder Künstlerehepaares Renate und Jürgen
Geritz, dessen bisherige Ausstellungen im Kotterhof stets als Publikumsmagneten
galten. Begeisternder Ideenreichtum und berückende Farbenpracht, von Renate
Geritz mit Acrylfarben, Misch- und Spachteltechnik auf Leinwand gebannt, sowie
personifizierte Monumentalität, Spitzfindigkeit und Sorgfalt, von Jürgen Geritz
in schimmerndem Edelstahl zu künstlerischem Leben erweckt, fesselten die Blicke
der Vernissage-Gäste. Sichtlich Freude bereitete dem zahlreichen Publikum auch
das Rahmenprogramm aus Musik und Lyrik, das die Rhythmusgruppe "Mamaia" aus
Buxheim auf die Beine stellte.
"Die Bilder von Renate Geritz strahlen großen Optimismus und Lebensfreude aus
und haben an Reife, Tiefe und Farbenvielfalt gewonnen", lobte Bürgermeister
Alfred Ostermeier in seiner Begrüßungsansprache. Auch die beeindruckenden
Skulpturen von Jürgen Geritz seien nicht nur "in die Höhe gegangen", sondern
dokumentierten zudem noch mehr Formenreichtum. Wie ihr Schöpfer seien sie
gleichermaßen rational, zurückhaltend, wortkarg, fast ein wenig unnahbar. Ebenso
wie bei ihm verstecke sich dahinter jedoch eine gute Portion Schalk und Ironie.
"Gemessen an der Einwohnerzahl, gibt es in Böhmfeld die größten und schönsten
Ausstellungsflächen im Landkreis Eichstätt." Obwohl der Ingolstädter
Kunstexperte Helmut Kaiser bereits zum vierten Mal bei einer
Kunstausstellungseröffnung im Kotterhof als Laudator agierte, brachte er
wiederum gleich am Anfang seine hohe Anerkennung für die diesbezügliche Leistung
der Gemeinde Böhmfeld zum Ausdruck.
Eine "Sondersituation" stelle die eheliche Gemeinschaft von Renate und Jürgen
Geritz dar, meinte der Kunstkenner. Unterschiedlich und spannungsgeladen seien
sowohl ihre verschiedenartigen Temperamente als auch ihre Kunstrichtungen,
verbindend ihr Eifer, ihr Fleiß, ihre Vielseitigkeit, ihre schöpferische Freude
und ihre Kreativität.
Renate Geritz, Schülerin renommierter Kunstprofessoren, beherrsche eine Vielzahl
an Maltechniken und -stilen meisterhaft. Ihr Repertoire reiche von abstrakter
bis gegenständlicher Malerei. "Viele Künstler wagen sich nicht an Gesichter
heran, weil sie schwierig sind. Renate Geritz kann es. Sehr flink muss man sein,
wenn man die rasch trocknenden Acrylfarben in solcher Fülle verwendet",
bewunderte Kaiser die Fähigkeiten und den Arbeitsstil der Künstlerin. Sehr
originelle Effekte erziele Renate Geritz auch mit schlanken, eleganten
Bildformaten. Paradebeispiele dafür und für Geritz' hervorragenden Farbsinn sind
unter anderem die in graziler Pose verharrende junge Schönheit in "Erwartung",
"Im Gegenlicht", ein in warmen Brauntönen zerfließendes, scherenschnittartiges
Mädchenprofil, die abstrakten, fein nuancierten "Köstlichkeiten" sowie die in
wunderbaren Blautönen schwelgenden Bauwerke und Figuren in "Antik". Mit
"Toskana", "Italien", "Venedig" sowie mit dem Trio "Rom - Paris - Malaga" verrät
die Künstlerin eines ihrer Lieblingsthemen: die mediterrane Landschaft mit viel
Sonne und Lebenslust. Naturverbundenheit und herausragende Beobachtungsgabe
stecken in ihren floralen Motiven wie "Mohnwiese" und "Granatäpfel". "Was ihr
doch alles einfällt, wenn sie vor der noch nackten Leinwand sitzt", lachte
Helmut Kaiser und verwies auf die von Satire und Pepp überquellen
Acrylkreationen "Hörig", "Schokominza" und "Mein kunterbunter Schweinehund".
Als Hintergründigkeit in Person entpuppt sich auch Ehemann Jürgen Geritz mit
seinen stählernen Tieren, Pflanzen und Personen, die sich einträchtig im
Kotterhof-Stadel versammeln: Da schickt sich eine behäbige, rund angefressene,
mit einer "Schwanz-Augen-Überraschung" ausgestattete Raupe "Nimmersatt" an, eine
tragende Holzsäule des Stadels zu erklimmen, während nebenan Kollege Holzwurm
angriffslustig die Nagezähne bleckt. "Vor euch bin ich sicher!" scheint die
flugsauriergleiche Libelle auf ihrer Startrampe in schwindelnder Höhe zu
frohlocken, und die monumentale Bettwanze im Picknick-Tisch-Format zeigt ihre
grüne Zunge und schäkert den vorbeiflanierenden Besuchern einen gehörigen
Schreck in die Knochen. Wohl um sich vor dem Ausblasen zu schützen, ist die
überdimensionale Pusteblume bis unters Stadelgebälk emporgewachsen. In Augenhöhe
geblieben ist dagegen der aufbrechende silbrige Blütenkelch mit seinen samtig
goldenen Staubgefäßen. Und da ist da noch das riesenwüchsige Paar, das seine
Betrachter zur Verträglichkeit animieren möchte.
"Jürgen Geritz ist Autodidakt und kommt aus dem technischen Bereich. Er ist es
gewohnt, präzise zu arbeiten. Mit Rost à la Alf Lechner hat er wenig am Hut",
klärte Laudator Kaiser auf. Seine Schöpfungen beinhalteten eine Mischung aus
einzigartigen künstlerischen Ideen und vielerlei ausgeklügelten technischen
Raffinessen. Abstrakte Werke mit den drei Elementen Dreieck, Kreis und Quadrat
der konkreten Kunst zählten ebenso zu seinen Stärken.
Die Ausstellung ist für Besucher noch bis Sonntag, 9. Oktober 2005, geöffnet,
und zwar jeweils samstags und sonntags zwischen 14 und 18 Uhr.
Fotos: adamo
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