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20.04.01  19:00 Uhr
im Böhmfelder Hof,  Böhmfeld

Ein Artikel von Anneliese Siebendritt
Fotos und Grafik: adamo

Böhmfelds Bürger wollen Handy- Sendeantenne aus dem Wohngebiet verbannen

Bürgerversammlung mit Experten-Podiumsdiskussion fand große Resonanz

Böhmfeld (sdr) Die Sorge um ihre Gesundheit schweißt die Böhmfelder Bürger zusammen: "Wir wollen, dass die Mobilfunkantenne, die T-Mobil vor wenigen Monat mitten im Dorf installiert, aber bisher noch nicht in Betrieb genommen hat, aus dem Wohngebiet entfernt wird und unterbreiten Vorschläge für andere Standorte außerhalb des Dorfes!" Harald Jendryka, Helmut Krome, Martina Trini, Dr. Bernd Weber und Maria Weiß gründeten dazu die Bürgerinitiative "Sendemastfreies Böhmfeld". Viele Bürgerinnen und Bürger bekundeten per Unterschrift ihre Solidarität; und Bürgermeister Alfred Ostermeier organisierte kurzfristig eine Bürgerversammlung unter dem Motto "Mobilfunk in Böhmfeld - Gefahr für unsere Gesundheit?" Für eine vielseitige und sachliche Information der Versammlungsteilnehmer konnte er den Umweltingenieur Michael Schmelz vom Landratsamt Eichstätt, Siegfried Zwerenz, den Vorstandssprecher des Dachverbandes der Bürger und Initiativen zum Schutz vor Elektrosmog (Bürgerwelle e. V.), von der Abteilung "Netzbau" bei DeTeMobil Diplomingenieur Ulrich Wittfeld und den Humanmediziner und Leiter des Gesundheitswesens beim Landratsamt Eichstätt, Dr. Hanspeter Kubin, gewinnen.

 
Die Podiumsteilnehmer (v.l.n.r.): Umweltingenieur Michael Schmelz, Siegfried Zwerenz von der Bürgerwelle e.V., Bürgermeister Alfred Ostermeier, Ulrich Wittfeld von DeTeMobil und der Leiter des Gesundheitswesens im Landratsamt Eichstätt, Dr. Hanspeter Kubin Helmut Krome, der Sprecher der Bürgerinitiative "Sendemast-freies Böhmfeld"

(Vergrößern der beiden äußeren Bilder durch Anklicken)

Die große Teilnehmerzahl der Bürgerversammlung im Saal des "Böhmfelder Hof" zeigt das große Interesse am Thema "Mobilfunk in Böhmfeld - Gefahr für unsere Gesundheit?"

Als Leiter der sehr gut besuchten Versammlung, der auch eine Anzahl auswärtige Interessierte beiwohnten, verwies Bürgermeister Ostermeier zu Beginn der Podiumsstatements auf die Tatsache, dass in Deutschland vier Mobilfunkbetreiber mittlerweile ein Netz von 60.000 Sendemasten mit Tendenz zu weiterer Verdichtung aufgebaut haben. Weil sich der Wunsch, zu jeder Zeit und an jedem Ort erreichbar zu sein, immer schneller verbreite, kommunizierten mittlerweile acht Millionen der insgesamt 12 Millionen Bürger in Bayern tagtäglich via Handys. In ganz Deutschland seien es 50 Millionen der rund 80 Millionen Bundesbürger. Die Angst vor gesundheitlichen Risiken sei verständlich. Jedoch könne jeder Einzelne dazu beitragen, die vermuteten, teils auch schon bewiesenen Gefahren auf ein geringes Maß zu beschränken, indem er verantwortungsvoll mit der sowohl segensreichen, als auch umstrittenen Errungenschaft der Technik umgehe und damit den weiteren Ausbau der Handy-Sendeanlagen bremse, gab Ostermeier zu bedenken. 

Man nehme die Vorbehalte und Befürchtungen der Böhmfelder Bürger sehr ernst, auch die Unterschriftenliste der 23 Anwohner im Vorfeld, machte der Gemeindechef deutlich. Deshalb habe die Gemeinde bereits bei der Ankündigung, dass auf der Telekom-eigenen Immobilie am Kapellenweg eine Mobilfunkantenne im nicht genehmigungspflichtigen Rahmen montiert werden solle, umgehend einen Standort außerhalb der Ortschaft vorgeschlagen, allerdings ohne Erfolg. Heiß sei das Thema aber erst dann geworden, als die Antenne stand und der Eichstätter Arzt Dr. Martin Gailhofer seine Bedenken bei einer Informationsveranstaltung der Böhmfelder BN-Ortsgruppe dargelegt hatte. 

Man wehre sich in Böhmfeld nicht grundsätzlich gegen diese Technologie, hob Helmut Krome, der Sprecher der Bürgerinitiative, hervor. Aber man wolle - solange keine einheitlichen fundierten Erkenntnisse über die Unbedenklichkeit zur Verfügung stehen - in Bezug auf die Sendeantenne vor Ort den Umgang damit so gesundheitsverträglich und risikoarm wie möglich halten.

Dr. Bernd Weber und Harald Jendryka von der BI "Sendemast-freies Böhmfeld" demonstrieren den Einfluss des Abstands auf die Strahlungsintensität

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"Bevor Sendeanlagen in Betrieb genommen oder abgeändert werden, überprüfen wir, ob sie der Bundesimmissionsschutzverordnung entsprechen und ob die notwendigen Sicherheitsabstände eingehalten werden", klärte Umweltingenieur Michael Schmelz, der bei der Erstellung des Mobilfunkkatasters des Landkreises Eichstätt mitwirkt, auf. Grenzwerte zielten auf thermische Effekte ab, die Fachwelt bestreite aber auch biologische, so genannte athermische Auswirkungen nicht. Allerdings lägen dazu keine übereinstimmenden Erkenntnisse vor. Wer sich als Anlieger von Mobilfunkanlagen in seiner Wohnung besonders schützen möchte, könne dies mit speziellen Baumaterialien sowie mit Metallgittern und -folien tun. 

"Die Verharmlosung der schwerwiegenden Folgen von elektromagnetischen Strahlen - besonders wenn es sich um gepulste Wellen handelt - auf die Gesundheit von Mensch und Tier ist eine Täuschung der Öffentlichkeit", beharrte Heilpraktiker und Baubiologe Siegfried Zwerenz, der seit 1998 diesbezügliche Studien begleitet. Ob Schlaf-, Herzrhythmus- oder Fruchtbarkeitsstörungen, Blutbildveränderungen und Tumorkrankheiten, sie könnten in der Nähe von Sendeanlagen vermehrt auftreten, wobei es bei den einzelnen Individuen jedoch erhebliche Empfindlichkeitsschwankungen gebe. Telekom könne zwar bei ihren Mobilfunksendeanlagen mit Immissionswerten weit unter den vorgegebenen Grenzwerten aufwarten und wiege die Bevölkerung damit in Sicherheit, gleichzeitig sei ihr aber aus eigenen Versuchen bekannt, dass es auch in diesen Strahlungsbereichen zu gesundheitlichen Störungen kommen kann, übte Zwerenz heftige Kritik.

Ulrich Wittfeld (DeTeMobil; li.) im Gespräch mit Helmut Krome (BI)

 

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Siegfried Zwerenz (Bürgerwelle e.V.; li.) und Dr. Hanspeter Kubin (Leiter des Gesundheitswesens im Landratsamt Eichstätt)

Ulrich Wittfeld von DeTeMobil, dem größten Netzbetreiber in Deutschland, machte die Notwendigkeit des Ausbaus der Sendeanlagen deutlich: Der Aufbau des Mobilfunknetzes begann 1988, und 800.000 Teilnehmer nutzten seine Vorzüge. Im Jahre 1995 waren es schon 3,8 Millionen, 1999 bereits 23 Millionen, 2000 wiederum 17 Millionen mehr, und heute halten 50 Millionen Deutsche den "kleinen Mann" regelmäßig ans Ohr - wo immer sie sich gerade aufhalten. Allein 20 Millionen Bundesbürger bedienen sich des T-Mobil-Netzes. Bei der Errichtung von Sendeanlagen werde stets das Bundesimmissionsgesetz und in Bayern das bayerische Baugesetz eingehalten, unterstrich Wittfeld. Funknetzplaner beachteten dabei die jeweilige Bebauung, die Topographie und den Bewuchs. Die Antenne in Böhmfeld sei in erster Linie für die örtlichen Handynutzer erforderlich, damit sie auch im Haus und im Auto ohne Beeinträchtigung telefonieren und Kurznachrichten verschicken bzw. empfangen können. 

"Behörden und Ärzte sind tätig in Sachen Elektrosmogschäden beim Menschen", informierte Dr. Hanspeter Kubin vom Landratsamt Eichstätt. Deswegen habe die Bundesärztekammer erst jüngst dazu eine diesbezügliche Befragung der Ärzte in Deutschland vorgenommen, deren Zusammenfassung aber noch nicht vorliege. Die Forschung über die Auswirkungen von elektromagnetischen Wellen auf den Organismus sei langwierig, da die Signifikanz zu gering sei. Auch reagiere das Hormonsystem der Versuchstiere anders als das von Menschen, weshalb die Ergebnisse nicht ganz vergleichbar seien. Fest stehe jedoch, dass das körpereigene elektromagnetische System des Menschen von elektromagnetischen Wellen aus der Umwelt beeinflusst werde, was aber nicht zwangsläufig negative Effekte nach sich ziehe, konnte Dr. Kubin beruhigen. Ausschlaggebend seien dabei - wie bei fast allem im täglichen Leben - Dosis und Dauer.

Der derzeitige Standort der Mobilfunk- Sendeanlage auf dem Gebäude der Telekom an der Gaimersheimer Straße in unmittelbarer Nachbarschaft von Wohnbebauung. (Vergrößern der Bilder durch Anklicken) Diese Standorte im Umkreis von Böhmfeld schlug der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 03.05.01 zur Prüfung durch DeTeMobil vor.
 

Im Anschluss an die jeweiligen Standpunkte der Fachleute wollten Zuhörer wissen, ob die UMTS-Technik auch in Böhmfeld Einzug halte. Zuerst seien die Städte dran, meinte Ulrich Wittfeld von DeTeMobil, erst in Jahren sei mit UMTS-Einrichtungen eventuell auch auf dem Land zu rechnen. Die Frage, ob Kinder, Kranke und Senioren bei den Studien berücksichtigt würden, konnte Dr. Kubin bejahen, allerdings seien aus ethischen Gründen nur Langzeitexpositionen heranzuziehen. Eventuell berufsbedingte elektromagnetische Mehrbelastung solle nicht nicht zu Panik führen, da der dabei ausgelöste psychische Stress gefährlicher sein könne als die Auswirkungen des Elektromagnetismus'. So habe nicht selten schon der Anblick eines Mobilfunkmastes, ohne dass dieser in Betrieb war, bei den Anwohnern reale Krankheitssymptome ausgelöst, berichtete der Arzt. 

"Egal, wie man den Mobilfunk sieht, die Angst in der Bevölkerung ist da", resümierte Bürgermeister Ostermeier am Ende der fast vier-stündigen aufschlussreichen und sehr disziplinierten Veranstaltung und drückte dem Vertreter von T-Mobil eine Flurkarte mit mehreren alternativen Standorten für den Böhmfelder Sendemasten in die Hand. Sie sind mindestens 500 Meter von Wohngebieten entfernt und damit wesentlich unbedenklicher als der jetzige Standort im Ort. Der Mast in der Flur solle dann auch so konzipiert werden, dass Platz für notwendig werdende Antennen anderer Netzbetreiber ist. Ulrich Wittfeld konnte zwar von sich aus keine Versprechungen machen, sicherte aber eine Überprüfung durch den zuständigen Funknetzplaner der Firma T-Mobil zu.

  

 

Weiterführende Links:

 
Bayr. Umweltministerium  http://www.umweltministerium.bayern.de
Downloadseite "Elektro-smog"
Mobilfunk - was ist das ?  (PDF-Datei)
26. BImSchV - Bundes-Immissionsschutz-Verordnung über elektromagnetische Felder (PDF-Datei)
Fachinformation Elektromagnetische Felder (PDF-Datei)

"Untersuchungen zum Einfluss elektromagnetischer Felder von Mobilfunkanlagen auf Gesundheit, Leistung und Verhalten von Rindern" (die vielzitierte "Rinderstudie"; PDF-Datei)

Messung des Einflusses gepulster Mikrowellen auf die Hirnstromaktivität des Menschen
Messung des Einflusses gepulster Mikrowellen auf die Hirnstromaktivität des Menschen (PDF-Datei)
Elekrtomagnetische Felder. Einwirkung auf den Menschen (Studie erstellt im Auftrag des Bayr. Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen; PDF-Datei)
 
Bundesamtes für Strahlenschutz   http://www.bfs.de/index.htm
BfS bewertet laufend den Erkenntnisstand über Wirkungen elektromagnetischer Felder
Mobilfunk und Sendetürme (techn. Hintergründe zusammengestellt vom Bundesamt für Strahlenschutz)
Radio- und Mikrowellen (biolog. Wirkung von HF-Strahlung)
   

Bundesumweltministerium   http://www.bmu.de/fset1024.htm

Elektrosmog-Forum 1999 (versch. Beiträge als PDF-Dateien)
 
Bayerischer Gemeindetag   http://www.bay-gemeindetag.de
Mobilfunkstationen aus bau- und immissionsschutzrechtlicher Sicht
 

 Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) http://www.who.int

Elektromagnetische Felder und öffentliche Gesundheit - Mobiltelefone und ihre Basisstationen
 
Medicine Worldwide   http://www.m-ww.de
Elektrosmog, Handys - Allgemeines / Definitionen
 
Computer-Zeitschrift c't   http://www.heise.de/ct/
"Störfunk fürs Gehirn. Mythos und Realität von Gesundheitsschäden durch elektronische Geräte"
 
Ökologisch-demokratische Partei, Kreisverband Amberg-Sulzbach  http://www.oedp.de/lv/by/amberg-sulzbach/
„Elektrosmog“ - Gefahr oder Hysterie ?
Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen http://www.femu.rwth-aachen.de
Publikationen
WissensBasierte LiteraturDatenBank (damit können Sie weitere wissenschaftliche Publikationen zum Thema suchen)
 

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Stand: 18. Dezember 2002